Montag, 29. September 2014

Obama in den Knast

Entnommen: http://www.rationalgalerie.de/home/obama-in-den-knast.html

Obama in den Knast


Sympathisanten vor Gericht


Autor: U. Gellermann
Datum: 29. September 2014

"Die ganze Härte des Strafrechtes", wird zu Zeit den Menschen in Schlagzeilen versprochen, die möglicherweise den "Islamischen Staat (IS)" irgendwie unterstützen. Und das könnte vielleicht gut sein, wenn man denn Beweise hätte und wenn denn das Gesetz für alle gelten würde. Aber vorläufig wird über die weitere Verschärfung eines Gesetze-Instrumentariums gequatscht - Ausbürgerung, Pässe kennzeichnen oder aber auch Pass-Entzug sind im Gerede - ohne dass es Greif- und Beweisbares gibt. Außer man wolle den "Erkenntnissen" jener Behörden glauben, die jahrelang Nazi-Terroristen im eigenen Land nicht haben erkennen können, selbst wenn sie auf ihrem Schoß saßen.

Das deutsche Strafgesetzbuch ist längst mit Paragraphen bestückt, die von der Annahme einer terroristischen Vereinigung und von der Annahme einer Mitgliedschaft in solch einer Vereinigung ausgehen, um von der Annahme der Annahme ausgehend eine radikale Totalüberwachung auszulösen, die in der Vergangenheit zu nicht mehr als drei Prozent gerichtlicher Urteile geführt hat. Aber in den anderen 97 Prozent der Fälle wurde prima überwacht und die unbescholtene Bevölkerung konnte zu 100 Prozent eingeschüchtert und manipuliert werden.

Schon der § 89a, der die "Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat" reklamiert, kann mit bis zu zehn Jahren Gefängnis geahndet werden. Es muss sich im Straffall um eine "Tat gegen das Leben handeln für deren Begehung nicht unerhebliche Vermögenswerte gesammelt, entgegengenommen oder zur Verfügung gestellt werden". Erweitert wird dieses juristische Werkzeug um den § 129a, der die Bildung terroristischer Vereinigungen mit weiteren zehn Jahre für Leute in Aussicht stellt, "deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet" sind "Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches)" zu begehen.

Wenn also einer irgendwo auf der Welt anderen befiehlt auf einen Knopf zu drücken, um mittels einer Drohne andere ohne Gerichtsverfahren umzubringen, wäre er in Deutschland eigentlich des Mordes schuldig. Wenn der selbe Mörder in seinem Haushalt "Vermögenswerte" ansammelt, um in anderen Ländern "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zu begehen, wie zum Beispiel wahllose Bombardements, bei denen Menschen ohne Beweis und Verfahren getötet werden, müsste er auf deutschem Boden inhaftiert werden. Auch Kriegsverbrechen jener Art, wie sie in Libyen oder Syrien von den USA begangen wurden und werden, müssten, wäre Barrack Obama Deutscher, zu Verfahren und Strafen gegen den US-Präsidenten führen.

Nun besitzt Obama nicht die deutsche Staatsbürgerschaft und schon eine Festnahme, um den US-Präsidenten auf deutschem Boden zu befragen bevor man ihn einem internationalen Gerichtshof überstellt, würde die US-Armee dazu bewegen, zu ihren vielen Verbrechen ein weiteres zu begehen: "Mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen", wie es so gründlich im § 129a formuliert wird. Zudem ist auch die deutsche Armee in einer solch schlampigen Verfassung, dass sie kaum den dauernd Kriege führenden US-Truppen widerstehen könnte.

Aber was ist mit all den Sympathisanten und Unterstützern jener USA genannten kriminellen Vereinigungen in Deutschland? Wenn man Obama schon nicht belangen kann, müsste man nicht den Sympathisanten-Sumpf in Deutschland austrocknen? Jene Merkel und Steinmeier, jene Atlantiker in den Medien, jene NATO-Agenten, die nicht nur gegen deutsche Gesetze sondern auch gegen deutsche Interessen handeln und uns in die terroristischen Aktivitäten der USA verwickeln, müssen vor Gericht. Um Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Die Gesetze sind vorhanden. Sagt doch der Gesetzestext deutlich "Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland“. Eine Verschärfungsdebatte erscheint unter diesen Bedingungen nicht nötig. Wir wollen doch Frau von der Leyen nicht den Pass entziehen. Außer sie wollte sich der Justiz durch eine Flucht in den Irak entziehen.

Samstag, 27. September 2014

Das komische Dombild

Mein komisches Dom-Bild, Acryl, 70x50 cm, September 2014, abstrakt und gegenständlich, ohne Kommentar, Harry Popow

Donnerstag, 25. September 2014

Große Zeiten erwarten uns


publiziert: 11.09.2014:

entnommen: http://www.saarkurier-online.de/?p=126084#more-126084


Große Zeiten erwarten uns

Kommentar von Userin Hanna Fleiss



Ein Blick in die Welt, und man hat genug, es kann einem übel werden. Vorgestern aus den Niederlanden ein wenig aussagekräftiger Untersuchungsbericht zum Abschuss von MH17 – während Blackbox und andere Beweisstücke sich noch in der Ukraine und in Großbritannien befinden. Schließen darf man daraus, dass keinesfalls beabsichtigt ist, den wahren Hergang den Hinterbliebenen der Ermordeten und der Weltöffentlichkeit zu offenbaren, sondern die Aufklärung so lange hinauszuzögern, bis alle Welt das Verbrechen vergessen hat. Und das, nachdem die westliche Politik und Presse den Schuldigen bereits ausgemacht hatten: Russland. Mit großem Tamtam wurden daraufhin Sanktionen verkündet, die das vermaledeite Russland “bestrafen” sollten. Die Bundesregierung zum Beispiel weiß nach eigenen Aussagen bis heute nicht – oder gibt vor, es nicht zu wissen -, was sich da am ostukrainischen Himmel nahe dem Dorf Grabowo abgespielt hatte. Aber sie sanktioniert mit, in Vasallentreue zu den USA, die sich ins Fäustchen lachen, schlagen die doch so gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie schwächen die Wirtschaft der EU und nehmen den neu-alten Feind Russland ins Visier, Russland, den einzigen Staat, der den USA bei ihren Weltherrschaftsplänen einen Strich durch die Rechnung machen kann. Fast alle anderen Staaten sind schon auf Linie getrimmt worden, und wer es noch nicht ist, wie zum Beispiel Kuba oder Nordkorea, wird die US-amerikanische Faust irgendwann zu spüren bekommen, nach dem Fall Russlands werden sie den Washingtoner Herrschaften wie eine reife Frucht in den Schoß fallen. So rechnen die Herren der Wallstreet, Völker und Länder nur Zahlen auf den Computern der Börsen.


Es wird viel von “unseren westlichen Werten” gesprochen, die es in die unzivilisierten Weltgegenden mit Hilfe “humanitärer Missionen” zu tragen gilt. Welche Werte sind gemeint? Die Werte einer Wolfsgesellschaft, in der sich der Reichtum ganzer Nationen bei einer Handvoll Milliardären zusammenballt, während der große “Rest”, die Völker, zusehen muss, wie er mit den Brosamen zurechtkommt, die den Herrschaften vom Tisch fallen? Oder ist solch ein kostbarer Wert gemeint wie Folterhöllen in Guantanamo, in Osteuropa und anderswo? Oder “Freihandelsabkommen”, die den Namen nicht wert sind, die aber noch mehr Reichtum in den Händen kleinster Oberschichten bündeln sollen? Wir bundesrepublikanischen Schafsköpfe dürfen uns auf Stellenabbau, Lohnsenkungen, Zerstörung der öffentlichen Vorsorgeeinrichtungen, Zerstörung des noch halbwegs funktionierenden Gesundheitswesens, Absenkung des Bildungsniveaus, Erpressung des Staates durch Konzerngiganten und Kauf von willigen Politikern freuen. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs CETA und TTIP. Welche Wirkungen CETA und TTIP haben werden, darf in Lateinamerika besichtigt werden. Mancher von uns wird denken: Soo schlimm wird es schon nicht werden. Doch, so schlimm soll es werden, das sind die Pläne der Wallstreet. Große Zeiten erwarten uns.


Die Schreckensherrschaft des Islamischen Staates im Nahen Osten ist durch die Vorgänge in der Ukraine ein wenig in den Hintergrund gedrängt worden. Kerry ist wieder mal unterwegs, um Frieden zu stiften. Die USA bomben, um ihre eigenen Einrichtungen und Staatsbürger zu schützen. Dass niemand zu wissen vorgibt, aus welchen Abgründen der Islamische Staat aufgetaucht ist, ist wenig verwunderlich. Und noch weniger verwunderlich ist, dass sich kaum jemand Gedanken darüber macht, welche sozialen und politischen Ursachen das Auftauchen der dschihadistischen Mörderbanden hat, wer oder was ihnen im Nahen Osten den Boden bereitet hat.


Ein Wort zum Krieg des hochgerüsteten Israel gegen die in Gaza eingeschlossenen Palästinenser: Er hat vermutlich nie stattgefunden, die mehr als zweitausend toten Palästinenser sind nicht tot. Israel hat das Recht, sich martialisch zu verteidigen – gegen Kassam-Raketen! Und die Welt schweigt. Im Nahen Osten nichts Neues.


Heute soll von der EU der Zeitpunkt verkündet werden, an dem neuerliche Sanktionen gegen Russland in Kraft treten werden. Und das, nachdem Russland vermittelnd und aktiv am Zustandekommen eines Waffenstillstandes in der Ukraine mitgewirkt hat, worum es, nimmt man die Statements des US-Präsidenten ernst, ja in erster Linie ging. Dass Russland zugleich aber auch Vorschläge unterbreitet hat, mit allen Beteiligten darüber zu beraten, wie es mit der Ostukraine weitergehen soll, das wird von den westlichen Politikern und Medien verschwiegen – man ist nicht interessiert. Auch im Westen nichts Neues.

Mittwoch, 24. September 2014

"Ein Spiel mit dem Feuer"


Ein Spiel mit dem Feuer. Die Ukraine, Russland und der Westen“ - Peter Strutynski (Hg.)


Wenn das „Spiel“ kein Spiel mehr ist...


Buchtipp von Harry Popow


»Die amerikanische Führungsrolle ist die einzige Konstante in einer unsicheren Welt. Es ist Amerika, das die Fähigkeit und den Willen hat, die Welt gegen die Terroristen zu mobilisieren. Es ist Amerika, das die Welt gegen die russische Aggression um sich gesammelt hat…« So Obama jüngst in einer Fernsehrede (siehe Knut Mellenthin in der linken marxistisch orientierten Tageszeitung „junge welt“ vom 16. September 2014).


Und so sieht Verarschung aus. So werden Ängste geschürt. So werden neue Waffengänge mental vorbereitet. Es ist, als wenn ein Passagierschiff im hohen Norden auf einen Eisberg zusteuert, und keiner will etwas bemerken, keiner greift ein, niemand reißt das Steuer herum. Alle sollen glauben, der Kapitän wird schon richtig handeln. Im Klartext: Wohin geht der Kurs? Was soll man vom europäischen Narrenschiff (EU) halten, das machtpolitisch gen Osten steuert, einer Katastrophe entgegen, und keiner muckt auf, niemand fällt den neuerlichen Machtgrößen in den Arm.

Es ist tatsächlich ein Spiel mit dem Feuer. „Die Zukunft der Beziehungen im Europa des 21. Jahrhunderts können doch nicht in einem Mehr an Rüstungsausgaben und Konfrontation liegen. Wo soll das enden? Soll sich die Geschichte wiederholen? In einem Krieg, der dieses Mal in der totalen Vernichtung Europas endet?“ Dieses Zitat von Lühr Henken (S. 171) stammt aus dem Buch mit dem Titel „Ein Spiel mit dem Feuer. Die Ukraine, Russland und der Westen“, herausgegeben von Peter Strutynski, ehemaliger Leiter der AG Friedensforschung, einer unabhängigen Arbeitsgruppe an der Universität Kassel.

Fünfzehn kluge Autoren geraten den heutigen Kriegstreibern samt ihren bürgerlichen Medien mit ihren Lügen von einer „russischen Gefahr“ im Ukraine-Konflikt auf 216 Seiten aus verschiedenen Blickwinkeln mit fundierten Aussagen und Fakten tüchtig in die Quere. Auf´s Korn nehmen sie die Politik der USA, die Faschisten in der Ukraine mit ihrem Idol Bandera, die Oligarchen, die Ziele der NATO sowie die der Eurasischen Union und die der EU, das verlogene Spiel der privaten und öffentlich-rechtlichen Leitmedien, den stark ausgeprägten Nationalismus in der Ukraine und nicht zuletzt die geopolitischen Ziele der Westmächte insgesamt.

Die Autoren möchten „sowohl Grundlagen für eine realistische Analyse und Einschätzung des Ukraine-Konflikts (…) als auch notwendige Argumentationen für die tagesaktuelle Auseinandersetzung bereitstellen“, so der Herausgeber in seinem Vorwort. Und das gelingt ihnen mit erstaunlicher und überzeugender Akribie, geht es doch um das Überleben der Menschheit auf unserem schönen Planeten.

Seien an dieser Stelle nur die wesentlichen Gesichtspunkte genannt wie die Gefahren, die sich aus den Umtrieben des Westens ergeben, die Hintergründe der Politik der USA und der EU sowie die Ziele der Putin-Politik, so lässt dies jedem vernunftbegabten Menschen das Blut in den Adern gerinnen.

Da macht der Autor Lühr Henken auf Seite 154 darauf aufmerksam, dass sich die Sowjetunion und Russland im letzten Jahrhundert immer wieder gegen „westliche, imperialistische Konzepte der Kriegsvorbereitung und des Krieges“ zur Wehr setzen mussten. Was vor allem in den Medien nicht zur Sprache kommt: Kaum hatte die Antihitlerkoalition das Hitlerdeutschland geschlagen, da brachen die USA die im Juni 1945 feierlich verabschiedete Charta der Vereinten Nationen, in der es darum ging, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, und planten sage und schreibe den nächsten Krieg unter dem Motto „Atombombenziel Sowjetunion“. Im Visier waren zwanzig Objekte, die sich 1959 auf 20.000 erhöhten (S. 155). Trotz Verträgen zur Abrüstung – KSE, ABM z.B. - gingen die USA statt zur Kooperation zur Einkreisung Russlands über. Der Autor verweist auf das Strategiepapier „Joint Vision 2020“, „das bis zum Jahr 2020 für das US-Militär (…) eine militärische Überlegenheit sowohl an Land, im Wasser und im Cyberspace“ anstrebt. Die USA besitzen derzeit 760 Stützpunkte in 40 Ländern sowie in sieben US-Gebieten außerhalb der USA. Ergänzend meint Erhard Crome, dass von der Gefahr eines Atomwaffenkrieges seit dem Ende des Kalten Krieges zwar keine Rede mehr ist, aber sie sei tatsächlich „nicht verschwunden“.

Man kommt nicht umhin, nach den Leitlinien der Mächte zu fragen. Erst dadurch ist es möglich, die ganze Tragweite der aktuellen Geschehnisse im vollen Umfang zu begreifen, was durch die Brille der Einäugigkeiten schier verhindert wird. Erhard Crome hebt hervor, (S. 100), dass „seit dem Ende des Ost-West-Konflikts eine unabhängige Ukraine wieder als Kernpunkt geopolitischer Neuordnung im Osten Europas angesehen“ wird. (Siehe auch Brzezinski auf S. 163). Lühr Henken führt als Beweis für das expansive Vorgehen der USA und in ihrem Gefolge von NATO und EU das berüchtigte Geheimdokument des Pentagon ´No-Rivals´ („Keine Rivalen“) an. Das Ziel sei es, den Aufstieg „eines neuen Rivalen“ zu verhüten.

Von einer globalen Dimension der US-Politik schreibt Eberhard Crome auf Seite 112. Deren Blick richte sich im Kern gegen China. Dazu brauche man das EU-Europa als Hinterland. Eine EU, die mit Russland und China eng zusammenarbeitet, würde die „US-Positionen in der pazifischen Ausrichtung“ schwächen. Deshalb das Interesse der USA an der transatlantischen Freihandelszone. „Die würde die Bindungen der EU in Eurasien schwächen und deren Abhängigkeit von den USA stärken.“ „Das heißt: die ukrainische Zuspitzung hätte das Ergebnis, dass ein neuer Eiserner Vorhang zwischen EU und Russland niedergeht mit der Folge, dass die EU als Hinterland der USA und Russland als Hinterland Chinas in deren Auseinandersetzungen dienen.“

Kurz gesagt: Die USA wollen die EU „als ´Brückenkopf´in Eurasien nutzen, um ihre globale Hegemonie zu sichern;“, deshalb habe man in Kiew auf den Umsturz gesetzt, so Jürgen Wagner auf Seite 137. Um die Rolle Deutschlands in diesem Spiel der Mächte näher zu beleuchten, sei nochmals auf das Vorwort verwiesen. Einerseits sei es im Ukraine-Konflikt Partner der prowestlichen Kräfte, andererseits setze es sich damit in Widerspruch zum russischen Präsidenten, der eine Osterweiterung der EU und der NATO verhindern will. Auch müsse Berlin aus ökonomischen Gründen um stabile und gute Beziehungen zu Russland bemüht sein. Man wolle per „Schaukelpolitik“ mit Russland „auf Augenhöhe“ mit der globalen Führungsmacht USA sein, so Jörg Kronauer auf Seite 143.

Wer als Leser immer noch daran zweifelt, dass faschistische Kräfte hinter den Machenschaften der ukrainischen Nationalisten stecken, der lese darüber mehr u.a. von den Autoren Ulrich Schneider (ab S. 65), Reinhard Lauterbach (S. 22/23) und Daniela Dahn.

Interessant zu lesen auch die Rolle der Oligarchen, die übrigens in Russland lt. Kai Ehlers in die Pflicht genommen wurden, sich für die Rettung Russlands einzusetzen, Steuern zu zahlen, „wieder in begrenztem Maße in soziale Verpflichtungen einzusteigen“. Die Eigentümer würden ansatzweise einer gesellschaftlichen Kontrolle unterliegen. Genau diesen Schritt, so der Autor, habe die Ukraine bis heute nicht geschafft. Dort herrsche die Willkür des oligarchischen Privatkapitalismus. Putin dagegen habe ein denkbar einfaches Programm: „Herstellung einer ´Diktatur des Gesetzes´, um den Staat wieder aufzubauen und um Russland wieder zum Integrationsknoten Eurasiens zu machen.“ (S. 85)

Der Herausgeber hat mit diesem Buch eine ganze Batterie von sachkundigen Autoren in Stellung gebracht - gegen die von den öffentlich-rechtlichen und privaten Medien ausgestoßenen Nebelwände zur Verschleierung der wahren Ursachen des Ukraine-Konflikts. Da es auch in diesem politischen Sachbuch um brandaktuelle Tagespolitik und vor allem um die Frage Krieg und Frieden geht, ist die Lektüre allen zu empfehlen, die sich in diesem Klassenkampf der Mächte um Märkte und Einfluss mitunter neu positionieren und mit Taten unterstreichen wollen. Damit diesem brandgefährlichen „Spiel“ ein jähes Ende gesetzt wird.

Peter Strutynski, Dr. phil., geboren 1945, ist Politwissenschaftler. Er leitete die AG Friedensforschung an der Universität Kassel, ist Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag und verfasste zahlreiche Publikationen zu friedenspolitischen Themen.

Peter Strutynski (Hg.): „Ein Spiel mit dem Feuer. Die Ukraine, Russland und der Westen“, Papyrossa-Verlag, 216 Seiten, 1. Auflage August 2014, ISBN-13: 978-3894385569, Preis: 12,90 Euro

Erstveröffentlichung dieser Rezension in der Neuen Rheinischen Zeitung

Sonntag, 21. September 2014

Ukraine - aus der Sicht eines Insiders


(Heute, am 21.09. 2014, per Mail zur Veröffentlichung erhalten. H.P.)

Die Entstehung und Urheber des Konfliktes in der Ukraine

Von W. H.

Ich werde in aller Kürze versuchen, Ihnen ein ungeschminktes, klares Bild  über die echte politische Lage in der Ukraine zu vermitteln. Ich will einige wichtige Ursachen beim Namen nennen, erschrecken Sie nicht über die eher düstere Prognose. Mein Arbeitsthema war wie folgt vorgegeben.  „ Die Entstehung und Urheber des Konfliktes in der Ukraine.“

Der Begriff Konflikt scheint mir nicht mehr treffend genug. In der Ukraine haben wir es zur Zeit mit einem  politischen, ökonomischen, sozialen und militärischen Krieg zu tun. Das beschreibt die Lage besser. In der Ukraine vollzieht sich ein Krieg der Oligarchen. Sie beherrschen die Wirtschaft, vor allem die Bereiche Kohle, Energie, Metallurgie, Finanzen, Handel, die Produktion und den Vertrieb von Alkohol,  große Bereiche der Landwirtschaft sowie das Geschäft mit Immobilien und vor allem die Medien.

Die 100 reichsten Oligarchen verfügen über ein Vermögen von 55 Milliarden Dollar. Die reichsten 10 von Ihnen besitzen etwa 32 Milliarden Dollar. In dieser Auflistung sind die politischen Kräfte, die Staatsangestellten und Mitglieder der Regierung nicht mit eingerechnet. Das betrifft vor allem Julia Timoschenko, Viktor Janukowitsch und Familie, Asarov und andere, die die Ukraine in Richtung Westen und Israel mit Geld und Gold für immer verlassen haben. Das Kapital der Oligarchen befindet sich nicht in der Ukraine sondern  auf Banken in Zypern, Österreich, England, Deutschland, USA und der Schweiz. Dieses Kapital würde reichen, um wichtige wirtschaftliche und soziale Probleme der Ukraine zu regeln.

Einige Beispiele: An der Spitze  der Top 10 steht Rinat Achmetow mit 15,4 Mrd Dollar, gerade mal 46 Jahre alt. Als die Sowjetunion zerbrach, war er gerade 23 Jahre und Sohn einer Arbeiterfamilie ohne Kapital. Man muss sich die Frage stellen, wie diese Entwicklung zum finanzstärksten und einflussreichsten Oligarchen möglich ist. Er ist vor allem im Bereich Kohle und Energie tätig, besitzt eine eigene Bank, den Profifussballclub „ Shahtar Donezk“, mit dem modernsten Fußballstadion Europas,der Donbass Arena.  Des Weiteren besitzt er zwei eigene Fernsehkanäle ( TRK und Ukrain Sport)

An zweiter Position steht Viktor Pinchuk mit 3,8 Mrd. Dollar. Ein Freund der Präsidenten Kutschmar und Janukowitsch. Er ist in der Metallurgie tätig und  produziert Stahlrohre.
Sein Hauptmarkt ist Russland, die Käufer sind „ Gasprom“ und „ Rosneft.“  Er besitzt und kontrolliert 3 Fernsehkanäle ( STW, ICTV und NOVY).

An dritter Stelle steht der Gouverneur vom Gebiet Dnipropetrowsk Igor Kolomoisky. Er ist sehr aktiv im Bereich Metallurgie, Finanzen und Energie. Er ist 50 Jahre alt und besitzt ein Kapital von 2,4 Mdr. Dollar. Weltweit ist er in verschiedenen jüdischen Organisationen tätig. Einer der größten Fernsehkanäle, „1+1“ gehört ihm. Auf Platz 7 befindet sich der Präsident der Ukraine, Peter Poroschenko. Er war bereits Wirtschaftsminister, ist gerade 47 Jahre alt. Zu seinem Besitz gehören 160.000 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, eigene Zuckerfabriken und  natürlich die berühmte Schokoladenfirma „ Roshen.“ Unter den Top 10 befindet sich auch der ehemalige Sozialminister Sergey Tihipko mit einem Vermögen von 1,2 Mrd. Dollar.

Sie alle haben in der Ukraine die tatsächliche Macht und bestimmen die Politik  und nutzen diese  für den zügellosen persönlichen  Reichtum. Davon hören wir bei uns wenig. Wäre da nicht der unglückliche außenpolitische Fakt des Besuches von Außenminister Steinmeier bei Achmetow in Donezk gewesen.

Zusammengefasst kann man feststellen, dass ist Kapital ohne Historie. Vom Staat genommen, ohne Rücksicht angeeignet.  Die Oligarchen verfügen über unterschiedliche Interessen. Es herrscht eine Rivalität. Zwei wesentliche Gruppen werden immer mehr sichtbar. Eine Gruppe, die das Verhältnis zu Russland normal gestalten will. Sie verbinden damit wirtschaftliches Interesse. Das sind jene die in der Metallurgie, im Bereich Brennstoff und Energie und zum Teil im Handel tätig sind. Die sogenannte “Gruppe privat“, das sind vor allen Dingen die Nummer    1-4 der Liste der Top 10. Sie sind unter der Führung von Janukowitsch erstarkt.

Eine zweite Gruppe, die das Verhältnis zu Russland eher kritisch sieht und eine schnelle Annäherung an den Westen, insbesondere zur EU und der NATO sucht.
Beide Gruppen sind bestrebt, in der Gunst des Präsidenten zu stehen. Wer dort angesiedelt ist bekommt immer neue staatliche Aufträge. Sie gewinnen alle staatlichen Ausschreibungen.

Dann bleibt noch die Familie Janukowitsch. Der älteste Sohn Alexander stieg in die Reihe der 100 reichsten Milliardäre auf. Dazu brauchte er nur 4 Jahre. Das ging selbst einigen Oligarchen zu schnell.  Er gewann alle staatlichen Ausschreibungen im Bereich Eisenbahnen und  Kohleindustrie. Er gehört zum sogenannten Donezk-Clan. Im Banksektor besaß er die „ Ukrainische Businessbank“ mit 67 Niederlassungen und die „Ukrainische Entwicklungsbank“. Über die Ukrainische Businessbank flossen alle Steuereinnahmen des Staates. Das war wiederum ein Dorn in den Augen vieler Oligarchen.

Im Tourismusbereich besitzt er 15 Hotels der Luxusklasse.  Ein Hotel ist in Donezk  noch im Bau. Ein großes modernes Geschäftszentrum in Donezk gehört zu seinen Vermögen. Dazu  noch ein Wohn- und Bürokomplex in bester Lage.  Zu seinem engsten Freundeskreis gehörten, Sergey Arbusow – Vorsitzender der Nationalbank,Vitali Wiese – Innenminister, Alexander Klimenko – zuständig für Steuern, Juri Kolobov – Finanzminister und Igor Kalinin – Vorsitzender des SBU.

Die Rivalität der Oligarchen führte zum Sturz des Präsidenten Janukowitsch und seiner Regierung. Der Maidan  bildete die Bühne des Umsturzes. In meinen Augen war das wieder keine Revolution. Um an die Macht zu kommen, bedienten sich die Oligarchen der dunkelsten Elemente  der Faschisten aus der Westukraine. Finanziert durch die Geldgeber aus dem Westen, vor allem Dingen der USA, der EU und der BRD. Die Svoboda-Partei, der „Rechte Sektor“  und die Unruhen im  Volk über die zügellose Bereicherung der Familie Janukowitsch kamen dabei gerade recht.

Dem Reichtum auf der einen Seite steht Armut und Verfall auf der anderen Seite gegenüber. Das durchschnittliche Monatseinkommen pro Kopf in der Westukraine beträgt nach ukrainischen Angaben 190 Dollar. In der Ostukraine 390 Dollar. Das reicht nicht zum normalen Leben.

Das gesamte Staatssytem ist korrupt. Die Korruption ist zum staatstragenden Element geworden und durchzieht alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Insbesondere die Polizei, Armee, die Steuerbehörden, die Verwaltungsorgane, Zoll- und Grenzbehörden, das Bildungswesen, die medizinische Betreuung der Bürger, einfach alles ist  einbezogen.

Nichts läuft ohne zusätzliches Geld. Nur so wurde bisher die „ innere Ruhe“ gesichert. Alte Elemente der Planwirtschaft wirken weiter. Lizenzen, Genehmigungen für Exporte und viele andere Details werden gegen Zahlung von Geldern, die vorwiegend in private Taschen fließen geregelt. Das Staatssystem hat eine schwerfällige alte Struktur.

Die neue Demokratie ist jung und zugleich eine Kopie der veralteten bürgerlichen Demokratie des Westens. Es ist eine ukrainische Demokratie, die mit Einsatz von Geld, Fäusten und Schüssen funktioniert. Das kann man immer wieder im Parlament verfolgen. Nicht wenige Menschen haben im Machtkampf ihr Leben gelassen.

Die Oligarchen beherrschen die Parteien und unterbinden jede ernsthafte politische Bewegung. Zurzeit bestimmen nachfolgende Parteien das politische Leben:

Regionen (Janukowitsch)
Vaterlandspartei ( Timoschenko, Jasenjuk)
UDAR ( Klitschko)
Swodoba / Rechter Sektor, getragen von faschistischen Elementen aus der Westukraine unter den Faschistenführer Tjagnjbok
KP der Ukraine – zerstritten, keine klare Linie, keine klare Opposition, suchte Regierungsnähe unter Janukowitsch, Machtkämpfe in der Partei – ähnliche Parteien soll es auch anderswo geben. Das  Verbot der Partei wird vorbereitet.

Das Parlament wird durch die Oligarchen beherrscht. Im Parlament befinden sich keine wahren Volksvertreter, keine wissenschaftliche Intelligenz, kein Lehrer, kein Landwirt und natürlich auch kein Arbeiter. Einen Sitz im Parlament kann man nur erhalten wenn man nach ukrainischen Berechnungen etwa 1,8 bis 2,5 Millionen Dollar für Bestechungen einsetzt .Wenn Mehrheiten im Parlament gebraucht werden, werden diese oft durch den Einsatz von Geld organisiert. Ein käuflicher Wechsel eines Abgeordneten kostet etwa 3 bis 5 Millionen Dollar. Das findet oft statt. Vor allem in dem letzten Jahr war diese Tendenz verstärkt sichtbar.

Das sieht der Westen nicht, man schweigt darüber. Die Kanzlerin, der Außenminister und die EU nehmen das stillschweigend zur Kenntnis. In den letzten Wochen und Monaten entwickelte sich ein zügelloser Nationalismus. In der Presse, im Rundfunk und Fernsehen wurde dieses wie eine Sturmflut sichtbar. Ein großer Teil des Volkes unterliegt zur Zeit dieser Propagandawelle. Der Inhalt ist geprägt von:

Russlandhetze-Putin ist der Hitler unserer Zeit (steht an der Spitze)
Die Russen sind ein  minderwertiges Volk, die Ukrainer dagegen waren die Intelligenz der UdSSR
Die Russen sollen nach Russland gehen, dort ist Platz genug
Russland überfällt die Ukraine und besetzt große Teile Osteuropas – Putin ist verrückt

Es folgt der Wunsch nach schnellen Beitritt in die NATO und in die EU- damit wird die Illusion nach einen schnellen Aufschwung und einen besseren Leben genährt. Aus der rechten Ecke werden andere Töne lauter, sie stehen im Gegensatz zur offiziellen Politik.

Die EU brauchen wir nicht, wir brauchen eine nationale Ukraine, wir sind ein starkes Volk.
Deutschland und die Merkel sind Russlandfreunde.
Die Kanzlerin bestimmt in Europa, sie ist Schuld, dass Russland nicht bezwungen wird, sie verhindert den Beitritt zur NATO und zur EU.
Deutschland soll sich Königsberg wiederholen.
Der größte Verbrecher ist Altkanzler Schröder - und ähnliche Inhalte.

Keiner spricht dagegen. Viele behaupten sogar, dass es dieses nationalistische Klima gar nicht gibt. Ich sehe hier für die Zukunft die größte Gefahr für Europa, nicht in Russland. Zusammengefasst sind das einige der tiefen inneren ökonomischen, sozialen und politischen Wurzeln der Krise der heutigen Ukraine.

Die gegenwärtige politische Situation in der Ukraine bringt auch historische  Wahrheiten, die längst vergessen schienen, zu Tage. Alte Wunden platzen auf und neuer Hass entsteht.

Historische Wahrheiten sind:

Der Westen der Ukraine wurde durch die Habsburger – Österreich/ Ungarn geprägt. Dort wurde schon 1840 die Ukrainische Sprache gelehrt. Es entwickelte sich eine eigene Kultur. Dort ist auch die Wiege der faschistischen Elemente, die sich unter Bandera, in der Zeit des Hitlerfaschismus ausgeprägt haben. Die Verbannung tausender Bürger aus der Westukraine in Straflager nach Sibirien, durch Stalin, als Vergeltung für das Zusammenwirken mit den Hitlerfaschisten wird wieder aufgeweckt und schafft neue Verbitterung.

Die Zentralukraine, mit den Raum um Kiew, stand wechselseitig unter litauischen, polnischen und russischen Einfluss ( Rotrussland). Es bleibt das Gebiet im Süden und Osten.-Das war Neurussland. Der russische Zar- Peter der Große war es, der dieses Gebiet für Russland wirtschaftlich und strategisch erschloss. Heute ist dieses Gebiet durch das entdeckte neue Schiefer-Gasvorkommen im Gebiet Lugansk wieder besonders interessant. Die Abbaurechte wurden bereits Firmen aus der USA versprochen.

Wir haben es somit mit drei großen Kulturen und politischen Einflüssen zu tun. Hier liegen historische Wurzeln. Diese widerspiegeln auch den unterschiedlichen, zahlenmäßigen Anteil der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und ihrer Sprachen. In der gegenwärtigen militärischen Auseinandersetzung im Südosten der Ukraine spielt dieses ebenfalls eine große Rolle. Freiwillige, bewaffnete Bataillone aus der Westukraine,  Bataillone aus anderen Gebieten, private Bataillone von Oligarchen und die reguläre Armee führen den Kampf gegen die sogenannten „ Separatisten.“
Die wesentlichen äußeren politischen Faktoren sind  zusammengefasst:

Das Versprechen des Westens auf eine schnelle Mitgliedschaft in der EU und der NATO. Schaffung von politischen Illusionen im Volk der Ukraine. Der Maidan war davon sehr stark geprägt. Schneller Wohlstand für alle, das klingt wie „blühende Landschaften“. Der Missbrauch des Begriffes Europa durch den Westen. Wir müssen sagen, was wir meinen. Die EU wird mit Europa gleichgesetzt. Die EU ist ein Teil Europas. Europa geht bis zum Ural und Nowaja Semlja. Das haben wir im Erdkundeunterricht in der 5. Klasse gelernt. Der Teil, welcher noch nicht in der EU ist, hat immerhin eine Fläche von  5.571.000 km². Das ist etwa die Hälfte von ganz Europa. Wenn wir von Europa reden, dann muss Russland und die Ukraine in unser Denken einbezogen sein. Ohne klare Beziehungen zu Russland gibt es auch in Zukunft kein geeintes Europa.

Die Prozesse in der Ukraine können nur unter Einbeziehung Russlands geklärt werden. Darin liegt ein weiterer Fehler der jetzigen Politik. Die Europäische Union und vor allem Deutschland haben auf die falschen Politiker gesetzt. Über Monate wurden jene hoch gehandelt, die jetzt keine Rolle mehr spielen. Letztlich bleibt festzustellen, dass die Krise in der Ukraine nur mit den Blick auf die gesamte politische Weltlage einzuordnen ist. Die Strategie der USA in Bezug auf Europa und ihr erklärtes Hauptziel, Russland zu isolieren, zu schwächen und letztlich zu vernichten und das Heranführen der NATO bis an die russische Grenze,  ist der Hauptgrund der tiefen Krise in der Ukraine. Die USA hat kein Interesse an einem starken und geeinten Europa.

Die Ukraine wird zum Spielball der Kapitalinteressen der USA und der EU.  Die Ukraine ist  mit 603.700 km² Fläche, neben den europäischen Teil von Russland, das größte Land Europas. Mit 47 Millionen Einwohnern, mit ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten, ist die Ukraine ein riesiger Markt. Vor allem darin besteht das Interesse der EU.

Trotz vereinbarter Waffenruhe sehe ich in naher Zukunft keine echte Beruhigung der Lage in der Ukraine. Auch Neuwahlen zum Parlament werden kein Ergebnis bringen. Die Bürger haben keine echte Wahl. Die Personen werden möglicherweise gewechselt, das System bleibt. Ein ukrainischer Politiker hat mir gesagt:„ Wir können nur abwählen, etwas  Neues aufbauen gelingt uns nicht“. Die Ukraine muss sich also selbst finden. Wir müssen erkennen und verstehen, dass Europa unser Haus ist.

Montag, 15. September 2014

Brigitte Queck - Neues zum Ukraine-Konflikt


Interview zum Russischen Präsidenten Wladimir Putin
im September 2014

Interviewer: Herbert Kierstein Befragte: Brigitte Queck


Frage1. Die hetzerischen Schreibtischtäter sind wieder unterwegs. Die Medien haben einen Hauptfeind erkoren. Wladimir Putin. Seit Saddam Hussein war kein Staatschef einer vergleichbaren Medienkampagne ausgesetzt. Auch Hussein wurde mit Hitler verglichen, bevor der Irakkrieg mit erlogenen Gründen vom Zaun gebrochen wurde. Steuert der Westen auf den 3. Weltkrieg zu?

Antwort: Der Westen vermochte es bisher immer, vor Kriegen die Staatschefs von Ländern, die im Fadenkreuz der NATO standen und die sie zu überfallen gedachten, als Diktatoren zu verfemen. Das war bei Saddam Hussein, Milosevic, Gaddafi der Fall. Selbst die Friedensbewegung ist stets darauf hereingefallen und hat neben der 1. Forderung:“Keinen Krieg!“ in den entsprechenden Ländern als 2. Forderung auch immer die NATO-Forderung nach Sturz des jeweiligen „Diktators“, bzw. des jeweiligen „Regimes“ bedient. Diese 2. Forderung aber ist eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Staaten und laut UNO-Charta verboten. ( siehe Art.2,Ziff. 7 )
Kein Geringerer als General ad Dr. Loquai entlarvte die Diffamierung von Staatschefs als Diktatoren als PR-Geck des Westens, um die Friedensbewegung dann gleichgültig gegenüber den darauf folgenden Regimechanges zu machen. ( vgl. Brigadegeneral ad Loquai am 14.02.2003 in Eine Welt Haus München vor Bundeswehroffizieren unter : www.gegenentwurf-muenchen.de/lobafir.htm )“Es gehört dazu, den Kriegsgegner zu bestialisieren. Hier haben die Medien im letzten Irakkrieg schon gute Vorarbeit geleistet. Saddam gleich Hitler, Stalin. Bildzeitung, Frankfurter Rundschau, alle fuhren sie auf dieser Schiene ab. Milosevic war dann laut Bildzeitung der "Schlächter".


DARF MAN SICH DESHALB WUNDERN, DASS DIE FRIEDENSBWEGTEN, NACHDEM DIE 2. FORDERUNG NACH EINEM „REGIMECHANGE VON S. HUSSEIN ERFÜLLT WAR,
STATT DER VORIGEN 1 MILLION DEMONSTRANTEN NUR NOCH CA. 200 DEMONSTRANTEN ZUM BRANDENBURGER TOR KAMEN ???!!!

Frage 2: Es bestehen in der Öffentlichkeit kaum Zweifel darüber, dass Putin als Protege‘ der russischen Oligarchen, welche den politischen und ökonomischen Ausverkauf der Sowjetunion betrieben haben, in das Amt des Präsidenten der Russischen Föderation gelangt ist. Wie ist Ihre Sichtweise ?

Antwort: Putin hat den Kapitalismus in Russland nicht eingeführt ! Das waren Gorbatschow und Jelzin, die in Russland von allen Menschen als die Totengräber des Sozialismus gesehen werden, der bei allen von mir interviewten Menschen in Russland, von Sankt Petersburg bis nach Karelien, nach wie vor als die dem jetzigen System hoch überlegene Gesellschaftsordnung gesehen wird. Putin selbst sagte über den Zusammenbruch der Sowjetunion :“Das war die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts!“ (vgl. : derunbequeme.blogspot.com/.../grte-katastrophe-des-.. vom 2. Mai 2007 und www.spiegel.de › ... › S.P.O.N. - Der Schwarze Kanal.


Von dem ehemaligen NV-Oberstleutnant W., der bis zu seinem kürzlichem Tod mit hochstehenden Offizieren der Sowjetarmee befreundet war, erfuhr ich 1999, dass W. Putin vor allem mit Unterstützung der Armee an die Macht gekommen ist. Der Hintergrund dafür war folgender: Der russische Präsident Jelzin hatte vor 1999, obwohl ein Freundschafts-und militärischer Beistandsvertrag zwischen Russland und Jugoslawien bestand, nicht den damaligen jugoslawischen Präsidenten Milosevic, sondern die vom Westen logistisch, finanziell und militärisch unterstützte kleine Gruppe der UCK unterstützt.


Als nach 78-tägigem Bombardements von ganz Jugoslawien nach der 1244 UNO-Resolution sogenannte Blauhelm-Soldaten-in Wirklichkeit sind das immer mehrheitlich von der NATO zusammengestellte Truppen- im Kosovo einmarschiert sind, wollten diese die Russen austricksen und ihnen nicht die gleichen Rechte dort einräumen. Da war das Maß voll. Russische Flugzeuge erschienen über dem Himmel im Kosovo und russische Fallschirmspringer sprangen über der heutigen Hauptstadt des Kosovos-Pristina-ab. Sie wurden von der dortigen Bevölkerung jubelnd empfangen !! Die russische Armee entzog dem russischen Präsidenten Jelzin ihr Vertrauen. Stattdessen bevorzugte sie W. Putin als „ihren“ Präsidenten.


Auf einer Konferenz in Belgrad anlässlich des 10. Jahrestages des NATO-Aggressionskrieges gegen Jugoslawienim Jahre 2009 trat auch ein russischer General ( der damalige Kommandeur der Fallschirmspringertruppe von Pristina) auf, der diese Aussage von Oberstleutnant W. in seiner Rede bekräftigte!

Was die Dämonisierung von Wladimir Putin durch die westlichen Politiker und die bürgerlichen deutschen Medien anbelangt, dass er quasi ein Protege‘ der russischen Oligarchie sei, ist zu bemerken, dass W. Putin aus einer einfachen Arbeiterfamilie entstammt. Sein Bruder ist bei der Leningrader Blockade durch die deutschen Faschisten gestorben. Diese Erlebnisse haben W.Putin mit Sicherheit stark geprägt ! Lassen wir ihn selbst sprechen, was er uns über die Oligarchen in Russland, die mit Gorbatschow und Jelzin an die Macht gelangt sind, zu sagen hat. Auf der Erweiterten Sitzung des Staatsrates am 08.02. 2008, veröffentlicht in der Rossijskaja Gazeta vom 09.02. 2008, erklärte er als russischer Präsident : „Es gelang uns, das Land von der Praxis abzubringen, staatliche Entscheidungen unter dem Druck von Rohstoff, - und Finanzmonopolen zu fällen, bzw. von Medienmagnaten und ausländischen politischen Kreisen sowie zügelloser Populisten. Damals wurden nicht nur nationale Interessen, sondern auch die elementarsten Bedürfnisse von Millionen von Menschen zynisch ignoriert.

Heute kann man laut sagen: Es ist vorbei mit der politischen Rechtlosigkeit des Volkes! Wir tun unser Möglichstes und werden es auch weiter tun, dass die Rechte unserer Bürger durch die Macht effektiver Institutionen verantwortungsvoll und treu realisiert werden.
Schließlich ist Russland in die Weltarena als starker Staat zurückgekehrt. Ein Staat auf den man zählen kann und der für sich einstehen kann.“

Dass seine Worte keine Worthülsen waren, zeigt der inzwischen gute Lebensstandart der russischen Bevölkerung, der in manchen Bereichen den Westen weit überholt hat. Vielleicht deshalb dieser Russland-und Putinhass bei den westeuropäischen Politikern und deren Medien. Pfeifen es doch schon die Spatzen von den Dächern, dass die USA mit 17 Trillionen Dollar verschuldet sind. Und sie existieren munter weiter, wenn man die Hysterie von manchen Bürgern und sogar gewissen DDR-Politikern1989 vergleicht, als der DDR als Wirtschaftsbankrott unterstellt wurde, obwohl die DDR 1989 5 X weniger Schulden als die Bundesrepublik aufwies !!

Frage 3: Als gewählter Präsident hat Putin bald damit begonnen, diejenigen, die ihn an die Macht gebracht haben, kalt zu stellen, oder außer Landes zu jagen. Welche Ursachen und Motive spielten aus Ihrer Sicht eine Rolle ?

Antwort: Wie schon gesagt, sah es von außen wirklich so aus, als ob Putin bei der Amtseinführung die „Weihen“ als Präsident quasi aus Jelzins Hand und somit mit Zustimmung der dortigen Oligarchen erhalten habe. Dem war aber nicht so, wie ich schon dargelegt habe. Ausschlaggebender Faktor für die Präsidentschaft war die russische Armee gewesen. Was die Stellungnahme zu den Oligarchen anbelangt, so hat Putin bereits auf der erweiterten Sitzung des Staatsrates am 08.02. 2008 klargestellt, dass er sich in Fragen des notwendigen, wachsenden und von ihm angestrebten höheren Vokswohlstandes in Russland gegenüber der Zeit von Gorbatschow und Jelzin NICHT IRGENDWELCHEN OLIGARCHEN UNTERWERFEN WILL.

Dass diese, seine Äußerung, nicht auf Gegenliebe dieser Oligarchen stieß, die sich in Russland niedergelassen hatten, versteht sich. Großes Aufsehen erzielte am 23.3.2013 die Nachricht, dass der Multimilliardär Beresowski, einer der reichsten Oligarchen Rußlands ( im Jahre 1997 war sein Reichtum vom Forbes magazine auf 3 Billionen $ geschätzt worden, siehe : en.wikipedia.org/wiki/Boris_Berezovsky_(businessman). Er verlor vor dem Hohen Gericht in London einen Prozess gegen seinen Ex-Partner, Multimilliardär und Eigner des FC Chelsea, Roman Abramowitsch. Seine Ansprüche wurden vom Londoner Gericht abgewiesen und kurz darauf war Beresowski tot.

Da er der Washington Post gegenüber im Jahre 2000 offen seinen Zorn gegen Putin freien Lauf gelassen hatte, indem er erklärt hatte, dass er mit seinem „International Fond für Zivile Freiheiten“ Putin zu Fall bringen will, spekulierten sowohl die westlichen Politiker und die Westpresse über einen etwaigen politischen Mord, Aber weder die britische Polizei, noch die Geheimdienste dort hatten irgendwelche Zeichen für einen Giftmord, oder ein gewaltsame Auseinandersetzung mit Beresowski zutage gebracht( siehe. http://www.dw.de/putin-gegner-beresowski-tot/a-16695326 )

Was den Fall Chorodowski anbelangt, der von der Putin-Administration wegen Steuerhinterziehung hinter Gitter gebracht wurde, teilten sowohl die spanischen Medien, das Fernsehen und Radio diese russische Sichtweise, während die übrigen Staaten, einschließlich in Deutschland von der Verletzung von Menschenrechten gesprochen wurde und Chorodowski letztendlich, auch unter dem Druck der USA, freigelassen und ihm in einem Gerichtsprozess schließlich Recht gegeben wurde.

Schließlich meint man, dass im Kapitalismus alles käuflich sei, was leider auch die Freilassung der reichsten Frau Europas, Frau Timoschenko, aus einem ukrainischen Gefängnis bewiesen hat. Aber die Bewegung der BRICS und ALBA-Staaten und ihr Versuch eine eigene, von den USA unabhängige Währung zu kreieren, zeigen, dass der Stern der US/NATO im Fall begriffen ist.

Frage 4: Gibt es nachprüfbare Fakten, welche objektive Rückschlüsse auf Auswirkungen des Handelns von Wladimir Putin zulassen ?

Antwort: Wladimir Putin, der selbst aus einer Arbeiterfamilie stammt, sucht ständigen Kontakt zu den Arbeitern seines Landes und fährt dabei in die entlegensten Gebiete Russlands. Er greift Vorschläge von ihnen auf und bewirkte, dass einige der Arbeiter und Ingenieure auch in die Duma (das Parlament) gewählt wurden. W. Putin kontrolliert persönlich, dass in den Geschäften kein Preiswucher getrieben wird. So verbot er kürzlich ein Ansteigen der Lebensmittelpreise wegen der Subventionen, die Russland von den westlichen Ländern auferlegt wurden.
Erst vor kurzem sollte ein Zementwerk der Stadt Sankt Petersburg wegen Unrentabilität geschlossen werden ( das war übrigens auch über You tube zu sehen!). Putin begab sich an den Ort des Geschehens und erklärte den Oligarchen: „ Meine Herren, Sie können also das Werk wegen Unrentabilität nicht aufrechterhalten ? Schön. Dann unterschreiben Sie hier. Wir werden das Werk ab sofort übernehmen!“

Frage 5: Wie stellt sich die Rolle Putins im Ukrainekonfikt dar ?

Antwort: Putin handelt äußerst besonnen. Bezüglich der Krim kann man ihm keinen Vorwurf machen. Die Krim war Jahrhundertelang russisches Territorium und wenn die Krim 1956 durch die eigenmächtige Entscheidung Chrustschows der Ukraine geschenkt wurde, kann man das nicht als eine juristisch korrekte und saubere Angelegenheit anerkennen. Außerdem haben die Bürger der Ukraine in einer Volksabstimmung ( wo gibt es die in Deutschland ?!!) für die Aufnahme in die Russische Föderation gestimmt. Das ist ihr legitimes Recht, zumal die Kiewer Regierung durch einen faschistischen und vom Westen vorbereiteten und gesponserten Putsch an die Macht gekommen ist. Nach dem 2. Weltkrieg hieß es:“Nie wieder Krieg !“ Nie wieder Faschismus !“
Mit dieser Zielstellung wurde die UNO gegründet und die UNO-Charta geschaffen.

Es ist eine Schande, wenn US/NATO-Politiker sich nicht nur in die Ukraine offen, auch militärisch, einmischen, sondern auch noch mit Faschisten (4 von 7 der wichtigsten ukrainischen Ministerien sind von Faschisten besetzt !) offen paktieren, die in der Ost-und Südostukraine ihr eigenes Volk, das mit diesen Faschisten in der Kiewer Regierung nichts zu tun haben will, paktieren und für DIE ukrainischen Soldaten, die nicht auf ihre Brüder und Schwestern schießen wollen, die Todesstrafe eingeführt hat! ( siehe Ukraine im Fokus der NATO.Russland das eigentliche Ziel“, S.224 ).

Dass sich Putin mit einem der Einpeitscher dieser Politik, Poroschenko in Minsk getroffen hat und ihm sogar die Hand reichte, um ein Ende des Blutvergießens herbeizuführen, bei dem wohl keine Seite militärisch einen Sieg erringen wird, ist W. Putin hoch anzurechnen. Auch ein Waffenstillstandsabkommen zwischen den Regierungstruppen, die von Anfang an auch von NATO-Spezialkräften unterstützt wurden und den Aufständischen im Osten und Südosten der Ukraine, ist anzuerkennen und maßgeblich das Verdienst W. Putins.

Aber scheinbar suchen die US/NATO den offenen Krieg mit Russland, weil sie Poroschenko schon die Lieferung von Präzisionswaffen zugesagt haben.Das US-Regime unter Obama ist am Ende. Es sitzt auf einen Schuldenberg von 17 Trillionen $, sprich, 17 Billionen Euro! Es müsste zugeben: „Als kapitalistisches Hauptland sind wir am Ende !“ Die USA können sich gegenwärtig nur durch Kriege, bei denen sie militärisch ständig beide Seiten, so wie sie es bereits im 2. Weltkrieg gemacht haben, unterstützen, und durch Rohstoffraube anderer Länder, mittels derer sie ihren maroden Dollar sanieren, behaupten. Sie drohen uns alle in den Abgrund zu reissen ! Und deshalb müssen wir der deutschen Regierung unmissverständlich klar machen, dass weitere Sanktionen, bzw. weitere Kriegshetze gegen Russland und Putin für die deutschen Bürger nicht hinnehmbar sind. Für uns kann es nur heißen:

1. Protest auf der Strasse gegen die Kriegspolitik der US/NATO und unserer Regierungsvertreter
2. Anklage der führenden Politiker und Medien auf der Grundlage des Strafgesetzbuches $80-80a wegen Kriegshetze und Kriegsvorbereitung.

Samstag, 13. September 2014

Im Würgegriff der USA


entnommen aus: http://www.jungewelt.de/2014/09-13/007.php




»Es gibt ein NATO-Netzwerk in den deutschen Medien«

Gespräch mit Willy Wimmer. Über die geopolitischen Interessen der USA in Europa, über Helmut Kohl und den Angriff auf die parlamentarische Demokratie

Interview: Thomas Wagner


Willy Wimmer gehörte 33 Jahre dem Bundestag an. Zwischen 1985 und 1992 war er erst verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU und dann Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium. Von 1994 bis 2000 war er Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Sie haben nach 1989 als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verteidigung die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR in die Bundeswehr eingegliedert und darüber hinaus das Konzept entwickelt, mit dem das vereinigte Deutschland in die NATO geführt wurde. Trotzdem wurden Sie bald darauf von US-Repräsentanten des »Kommunismus« bezichtigt.Zunächst gab es die Frage, wie man die Wiedervereinigung so hinkriegen kann, daß der europäische Friede erhalten bleibt. Aber wir Parlamentarier, die auf internationalem Feld arbeiteten – zu uns gehörte auch die damalige Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth –, wollten uns auch mit wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Fragen befassen. Die Briten und Amerikaner, die für eine reine Form des Kapitalismus eintraten, verhinderten das. Sie lehnten das von uns vertretene Konzept der sozialen Marktwirtschaft ab und beschimpften uns als Kommunisten.

Das hat uns überrascht und war ein Zeichen, daß sich die Welt auf ungeahnte Weise umbrechen würde. Wir sind damals davon ausgegangen, daß Verhandlungs- und Verständigungsforen wie die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), aus der später die OSZE wurde, erhalten bleiben würden. Mit der KSZE war verbunden, daß man sich auf drei Feldern konzeptionell Gedanken machen konnte: Außen- und -Sicherheitspolitik, Menschenrechte. Der dritte von diesen drei Körben war in der Zeit des Kalten Kriegs nicht genutzt worden: die wirtschaftspolitische Zusammenarbeit. Die Kontinentaleuropäer wollten ihn mit Leben füllen, die USA, die Briten und zum Teil die Kanadier nicht. Schließlich haben die Amerikaner den dritten Korb übernommen und mit »Shareholder Value« gefüllt.

Wir gerieten mit unserem Konzept der sozialen Marktwirtschaft ins Hintertreffen, auch in der eigenen Partei. 2002, auf dem sogenannten Leipziger Parteitag, präsentierte sich die CDU als eine überdimensionierte FDP. Hierhin gehört auch Frau Merkels Idee, eine »marktkonforme Demokratie« zu entwickeln.

In den internationalen Gremien hat sich diese Entwicklung schon so früh abgezeichnet, daß wir nicht überrascht sein mußten. Aber wir konnten das unseren Kollegen, die sich nicht in den internationalen Foren bewegten, einfach nicht vermitteln. Sie lebten in einer ganz anderen Welt. Das trifft auch auf die Gewerkschaften zu. Wir mußten feststellen, daß die USA nicht bereit waren, das erfolgreiche Verhandlungsforum der KSZE fortzusetzen. Henry Kissinger, er verkörperte in dieser Frage die amerikanische Position, hat Mitte der 1990er Jahre dafür plädiert, die internationale Völkerrechtsordnung zu beseitigen und an ihre Stelle eine Rechtsordnung zu setzen, die im Interesse der USA ist. Das beinhaltete, bewährte Verhandlungsforen zur friedlichen Beilegung von Konflikten zu beseitigen. Wenn Helmut Kohl damals von Reisen in die USA zurückkam, hat er sich in der Fraktion immer darüber aufgeregt, daß im US-Kongreß die Stimmung vorherrschte: »Der Dritte Weltkrieg ist beendet, und wir haben ihn gewonnen.« Er hat damals zu uns gesagt: »Der Krieg ist aus Europa nicht verschwunden.« Das hat ihm 1994 in den eigenen Reihen aber keiner geglaubt.

Sie schätzen Helmut Kohl, den Sie noch 2004 bei einer Reise nach China begleiteten, offensichtlich sehr. Im Unterschied zu Ihnen hat er in den vergangenen Jahren aber nicht laut die Stimme erhoben, um gegen die von uns Ihnen angesprochenen Tendenzen in der Außen- und Sicherheitspolitik zu protestieren.
Er hat für diese Entwicklung persönlich einen sehr hohen Preis bezahlt. Es besteht kein Zweifel daran, daß die deutsche Bevölkerung 1998 mehrheitlich eine Fortsetzung seiner Kanzlerschaft nicht gewollt hat. Die andere Frage ist, wie das im Inneren der CDU abgelaufen ist. Helmut Kohl war ein ausgesprochener Verfechter der Idee, daß man auf die anderen Völker in Europa zugehen müsse. Das betrifft die Russen, die Polen, aber auch die Serben. Ich habe in seinem Auftrag Verhandlungen mit Milosevic geführt, um die Konflikte auf dem Balkan friedlich beizulegen. Das war gegen amerikanisches Interesse. Es gab Kräfte in den eigenen Reihen, Wolfgang Schäuble und Volker Rühe an der Spitze, welche die CDU in diese Richtung drängten. Weil er den Krieg gegen Jugoslawien nicht geführt hätte, wollte man ihn nicht mehr an der Spitze einer künftigen Bundesregierung. Doch seine Absicht, die bestehenden Mechanismen der internationalen Zusammenarbeit zu stärken, war richtig. Deswegen mache ich keinen Hehl daraus, daß mir dieser Mann liegt.

Im Jahr 2000 nahmen Sie in ­Bratislava an einer vom US-Außenministerium ausgerichteten Konferenz teil, auf der ganz offen über die Strategie Washingtons gesprochen wurde.
Mich hat das überrascht. Bei uns hatte es ja eine Kampagne nach der anderen gegeben um den Krieg gegen Jugoslawien: mit Auschwitz und mit weiß was allem. In Bratislava dagegen wurde eine rein machtpolitische Überlegung vorgetragen. Die Vertreter des US-Außenministeriums sagten, es sei bei dem Krieg darum gegangen, eine Fehlentscheidung General Eisenhowers aus dem Jahr 1944 zu korrigieren. Er hatte es damals unterlassen, US-Bodentruppen auf dem Balkan zu stationieren. Dies vor Staats- und Regierungschefs, Außen- und Verteidigungsministern so offen darzulegen, war eine ungewöhnliche Vorgehensweise. Die Vertreter des US-Außenministeriums machten deutlich, daß sie die Art und Weise, wie wir in Europa mit unseren Nachbarn umgehen, Eigentumsfragen regeln und Strafprozesse organisieren, nach den Maßgaben ihres eigenen Rechtssystems umbauen wollten. Das Vehikel dafür sollten der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag und das Kriegsverbrechertribunal sein.

Sie erklärten außerdem, wie sie sich Europa künftig vorstellen. Sie wollten einen Linie ziehen, die von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer und von da aus weiter nach Anatolien geht. Alles was westlich von dieser Linie liegt, betrachteten sie als Einflußgebiet der USA. Die Russische Föderation sollte aus den europäischen Entwicklungen herausgedrängt werden. Das heutige Geschehen in der Ukraine ist für mich ein Beleg dafür, daß diese Leute damals nicht in den Mond geguckt haben. 2006, beim NATO-Gipfel in Riga, haben wir den Versuch gesehen, Georgien und die Ukraine in das Bündnis aufzunehmen. Das ist aus einem wichtigen Grund verhindert worden: Die Westeuropäer haben kein Vergnügen daran gefunden. Denn wenn diese durchgehende Limes-Linie von der Ostsee bis nach Anatolien etabliert würde, dann bräuchten Deutsche, Franzosen, Italiener und Spanier sich keine Gedanken mehr darüber machen, wie ungehinderte Beziehungen zur Russischen Föderation aufrechterhalten werden können. Die könnten dann je nach Interessenlage der Vereinigten Staaten von diesen jederzeit unterbrochen werden. Sie könnten dabei auf die Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Staaten bauen: vom Baltikum bis zu Rumänien. Die USA unternehmen alles, um dieses Ziel doch noch zu erreichen. So erklärt sich auch ihr Verhalten im Hinblick auf die Ukraine.

Der US-Nachrichtendienst Stratfor hat Anfang dieses Jahres Überlegungen angestellt, durch die Etablierung besonderer Beziehungen mit den osteuropäischen Staaten einen Hebel zu installieren, mit dem sie die NATO links liegen lassen kann.
Das ist die logische Konsequenz aus dem, was ich eben gesagt habe. In diesen Tagen erheben die baltischen Staaten und Polen Forderungen, den von der NATO geplanten Raketenschirm auf Rußland auszurichten. Wenn es Washington gelingt, Sonderbeziehungen zu den gefügigen Staaten Ost- und Südosteuropas zu etablieren, dann spielen wir keine Rolle mehr. Wir befinden uns dann hinter dem Limes unter amerikanischer Kontrolle. Die Nachricht, daß die neutralen Staaten Finnland und Schweden eine engere Anbindung an die NATO suchen, muß man als ein Eingehen auf die realen Machtverschiebungen deuten, die wir in Europa haben.

Wie ordnen Sie die derzeit laufenden Verhandlungen um ein Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der Europäischen Union in diesem Zusammenhang ein?
Bei TTIP handelt es sich um den Versuch der USA, den hinter dem »Limes« liegenden Bereich in ihrem Interesse zu ordnen. Dabei geht es weniger um das vieldiskutierte Chlorhuhn, als um die Aushebelung der parlamentarischen Demokratie. Wenn wir als hoch entwickelter Rechtsstaat Schiedsgerichte bekommen, mit denen Differenzen über Investitionen entschieden werden sollen, brauchen wir uns keine Gedanken mehr darüber machen, was von Parlamenten und unseren Regierungen noch übrigbleibt. Wenn unsere Presse noch frei berichten würde, dann würde man Überlegungen dieser Art in den Medien debattiert sehen. Auf diesen außen- und sicherheitspolitischen Feldern findet eine freie Berichterstattung aber überhaupt nicht mehr statt.

Wie kommt es zu dieser Einseitigkeit?

Man kann sich diesen Dingen nur über Indizien nähern. Die in der Bevölkerung herrschende Meinungsvielfalt wird in der Berichterstattung nicht widergespiegelt. Ich kann mich sehr gut an ein langes Gespräch mit einem mir seit Jahrzehnten bekannten führenden FAZ-Mitarbeiter erinnern. Der machte deutlich, wenn das State Department noch rechtzeitig vor Drucklegung nachts anruft, dann kommt der gewünschte Artikel am nächsten Morgen in die Zeitung.

Als ich 1985 Verteidigungspolitischer Sprecher wurde, hat mich ein leitender Mitarbeiter der Pressestelle der CDU/CSU ausdrücklich gewarnt vor einem Netzwerk der NATO in der deutschen Presse. Wenn es heute irgend etwas zu kommentieren gibt im Zusammenhang mit Entwicklungen innerhalb der Russischen Föderation, werden dafür in unseren Medien immer amerikanische Institutionen mit Sitz in Moskau herangezogen. Sie hören keine Stimme aus Moskau, die russisch ist.

Kommen wir von den Medien zum Bundestag. Momentan gibt es eine koalitionäre Arbeitsgruppe, die sich mit dem sogenannten Parlamentsvorbehalt befaßt. Worum geht es da?
Beim Parlamentsvorbehalt geht es darum, daß der Deutsche Bundestag darüber entscheidet, ob deutsche Soldaten im Ausland eingesetzt werden. Und zwar, bevor sie dorthin geschickt werden. Laut unserer Verfassung ist die Armee auf die Verteidigung des eigenen Landes zugeschnitten. Peter Gauweiler hat vor einigen Monaten eine fulminante Rede vor der Bundeswehrhochschule in Hamburg gehalten, in der er die Fehlentwicklungen herausgearbeitet hat, die es seit Jahrzehnten in dieser Hinsicht gibt. In der CDU/CSU gibt es nach dem Jugoslawien-Krieg Kräfte, die solche Bedenken im Bundestag vor einem Einsatz nicht mehr debattiert sehen wollen. Sie haben in der neuen Koalition eine Arbeitsgruppe durchgesetzt, die sich mit dem Parlamentsvorbehalt befaßt. Gewollt ist, daß es bei den integrierten internationalen Verbänden, zum Beispiel den AWACS-Flugzeugen, automatisch in den Einsatz gehen soll, wenn es die NATO verlangt. Der Bundestag soll dann nur noch die Möglichkeit haben, die Soldaten notfalls zurückholen zu können.

Mich erinnert das an Brünings Notverordnungen in der Endphase der Weimarer Repbulik. Wird das umgesetzt, dann bekommen wir demnächst sicherheitspolitische Notverordnungen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Bundestag eine einmal getroffene NATO-Entscheidung widerruft.

Hinzu kommt, daß die Regierung ihren außenpolitischen Handlungsspielraum verringern würde, den sie durch das Parlament bislang noch hat. Wenn sie sich heute gegen einen Auslandseinsatz entscheidet, kann sie das ihren Bündnispartnern mit der fehlenden Zustimmung des Parlaments begründen. Das ist in parlamentarischen Systemen so üblich. Selbst der US-Präsident verweist auf den Kongreß, wenn er etwas nicht will. Wenn der Bundestag nun ausfällt, dann ist es faktisch nicht mehr die Bundesregierung, die über Auslandseinsätze bestimmt, sondern die NATO. In diesem Zusammenhang ist auch die Parallelentwicklung in den Streitkräften kritisch zu sehen. Es gibt immer wieder Bemühungen, dem Generalinspekteur der Bundeswehr die Rolle des faktischen Oberbefehlshabers zu geben. Momentan ist er der Verteidigungsministerin und den Staatssekretären untergeordnet. Diese Bemühungen gibt es seit der Wiedervereinigung. Noch zu Bonner Zeiten war bespielsweise gefordert worden, daß nur ein Viersternegeneral Verteidigungsminister werden sollte. Theodor zu Guttenbergs Versuch, den Generalinspekteur in den Rang eine Staatssekretärs zu heben, konnte verhindert werden. Das erinnert an eine Entwicklung, die es vor dem 30. Januar 1933 auch gegeben hatte. Damals versuchten wirtschaftlich orientierte Kreise und die Armee, der militärischen Führung jene wichtige Funktion zurückzugeben, die sie noch im Kaiserreich hatte. Bestimmte Kreise in der Bundeswehr versuchen mit Hilfe der NATO in Deutschland heute wieder das gleiche.

Sie meinen: Wenn der Parlamentsvorbehalt kippt und der Generalinspekteur zum Oberbefehlshaber gemacht wird, dann entscheidet über den Einsatz der deutschen Streitkräfte künftig die NATO?
Oder die Europäische Union.

Befürchten Sie, daß die Bundeswehr dann auch gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden könnte?
Ja. Die im Juni durch die Europäische Union verabschiedete Solidaritätsklausel weist in diese Richtung. Danach soll der Einsatz des Militärs innenpolitisch erlaubt sein: im Falle von Katastrophen, aber auch im Falle von sozialen Unruhen. In der Bundesrepublik haben wir eine Reihe von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gegen den Einsatz der Bundeswehr im Innern. Das soll über den Umweg der europäische Komponente oder über die NATO ad absurdum geführt werden. Wir haben bei der ursprünglichen Verabschiedung der Lissabon-Gesetze gesehen, daß die Regierung dem schon zugestimmt hatte. Nur durch die von Gregor Gysi und Peter Gauweiler herbeigeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts konnte der Bundestag diese Entscheidung der Bundesregierung wieder zurückholen.

Wenn es um die Rolle der Bundeswehr ging, haben Sie im Bundestag diverse Male eine Minderheitenmeinung vertreten. Wie erklären Sie sich das?
Die Gründe sind komplex. Als ich in Bonn als Parlamentarier politisch sozialisiert wurde, hatten wir auf der Seite der Verwaltung, auch im Verteidigungsministerium, immer eine solche Auswahl an Spitzenleuten, daß es fast egal war, wer an der Regierung war. Jedes mir bekannte Ministerium war damals dazu in der Lage, die für Regierungsentscheidungen erforderlichen Gesetzentwürfe selbst zu machen. Heute tun das Anwaltskanzleien. Der Niedergang des öffentlichen Dienstes seit den 1990er Jahren war begleitet vom Aufkommen von Beratungsgruppen, die gegen Entgelt oder unentgeltlich zunehmend Einfluß auf politische Entscheidungen genommen haben.

Die Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth hat Ende der 1990er Jahre Klagelieder darüber angestimmt, welcher Druck auf den Bundestag ausgeübt wurde, um diese Angelegenheiten kommerziell verwertbar zu machen. Hinzu kommt, daß das vorhin angesprochene transatlantische Netzwerk natürlich auch in das Parlament hineinwirkt. Man ist gerne im Council für dies und im Council für das. Beispielsweise unterhält Nicolas Berggruen einen eigenen Thinktank.

Der Milliardär lädt sogenannte Elder Statesmen und Wirtschaftsvertreter in die Google-Zentrale nach Kalifornien.
Auch aktive Politiker sind dabei: zum Beispiel Ursula von der Leyen. Der Name Bergguen steht beispielhaft für den Prozeß, etablierte Einrichtungen, die den Volkswillen repräsentieren sollten, beiseite zu fegen, zugunsten von Beratungsgremien, die den faktischen Einfluß ausüben. In den relevanten Arbeitsgruppen der Bundestagsfraktionen wissen Sie heute nicht mehr, wie ein Papier, das ihnen zur Beratung vorgelegt wird, entstanden ist und wer daran mitgewirkt hat. Das kommt aus den unterschiedlichsten Ecken.

Und warum wird das von den Parlamentariern geschluckt? Weil man sich nicht mit allem befassen kann?
Nein, weil man Karriere machen will. Gar nicht wenige Kollegen haben mir gesagt: »Ich bin eigentlich deiner Meinung, aber ich kann nur mit Hilfe der Liste zurück in den Bundestag kommen.«

Sie rechnen auch von seiten der Opposition im Hinblick auf die Militarisierung der Außenpolitik nicht mehr mit viel Widerstand. In dieses Urteil schließen Sie die Fraktion Die Linke mit ein. Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?

Vor dem Hintergrund langer und intensiver Gespräche.

Mit wem?
Das sagt man dann besser nicht. Hinzu kommt die Betrachtung der Entwicklung seit dem vergangenen Herbst. Die Grünen sind ja schon in einer fast widerlichen Weise zur Kriegspartei geworden. Die letzte Partei im Deutschen Bundestag, die sich dem zur Zeit noch widersetzt, ist Die Linke. Aber es nicht nur mir aufgefallen, daß an den konzeptionellen Arbeiten der Stiftung für Wissenschaft und Politik zum ersten Mal auch linke Abgeordnete beteiligt waren.

In Ihrem gemeinsam mit Wolfgang Effenberger verfaßten Buch »Wiederkehr der Hasardeure: Schattenstrategen, Kriegstreiber, stille Profiteure 1914 und heute« befürchten Sie, daß wir uns auf dem Weg in den Dritten Weltkrieg befinden. Wie begründen Sie das?
Wenn ich nicht will, daß Streitfragen auf friedlichem Wege geklärt werden, bleibt mir nur die militärische Komponente. Auf die setzen die Amerikaner, weltweit. Die Taliban, gegen die unsere Soldaten zwölf Jahre lang in Afghanistan eingesetzt waren, sind eine amerikanische Schöpfung, die von den Saudis finanziert wurden, genau wie IS in Syrien und im Irak. Wir sehen das auch im Fall der Ukraine. Da legen der deutsche Außenminister und seine polnischen und französischen Kollegen Verständigungspapiere vor, alle stimmen zu, und anschließend sabotieren die rechten Kräfte auf dem Maidan im Interesse der USA jede Lösung. Wir müssen uns in Deutschland und in Europa auf die Hinterbeine stellen, um in diesem allgemeinem Trend nicht unterzugehen. Was wir brauchen, ist eine Rückkehr zu bewährten diplomatischen Verständigungsmitteln, die wir mit der ­KSZE bereits hatten, die aber zerstört worden sind.




Wolfgang Effenberger/Willy Wimmer: Wiederkehr der Hasardeure. Schattenstrategen, Kriegstreiber, stille Profiteure 1914 und heute. Verlag zeitgeist Print & Online, Höhr-Grenzhausen 2014, 640 Seiten, 29,90 Euro




... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen!
von Yossi Wolfson
Dateien im Internet ablegen? www.cshare.de


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Dienstag, 2. September 2014

Warum unsere Studenten so angepasst sind


Warum unsere Studenten so angepasst sind“ - von Christiane Florin

Vom WIR

zum

ICH-ICH-ICH

Buchtipp von Harry Popow


"Oh“, meinte erstaunt ein mir bekannter junger Student, als ich ihm von dem Büchlein mit dem Titel „Warum unsere Studenten so angepasst sind“ erzählte. „Das will ich auch lesen!“, rief er interessiert. Das vorneweg: Diese Schrift wird ihn, ebenso wie hoffentlich zahlreiche Leser, nicht enttäuschen.


Allein das Reizwort „angepasst“ provoziert Nachdenklichkeit, prägt es doch einen pejorativen Beigeschmack. Keiner will als angepasst gelten. Weder Studenten noch Bürger. Das ist Mitläufertum, nachäffen wollen, willenloses Nachahmen, Vorgekautes schlucken müssen, blind gehorchen und, und, und... Nicht zu verwechseln mit dem Denken und Tun aus tiefster innerer Überzeugung.

Angepasstsein - zwei Seiten einer Medaille. Die Machthaber, wer auch immer, als auch die Ausführenden. In diesem Fall die Studenten. Christiane Florin weiß, wovon sie erzählt. Sie ist seit über zehn Jahren Lehrbeauftragte am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn. Sie lehrt Medienpolitik und Medienkultur. Bis 2010 leitete sie das Feuilleton des „Rheinischen Merkur“, heute ist sie die Redaktionsleiterin von „Christ und Welt“ in der „Zeit“.

Ihr Büchlein von nur 80 Seiten explodiert nahezu von persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen. Es seien Notizen, die nie für die Öffentlichkeit gedacht waren, nun aber notwendig erscheinen und den Charakter eines Protokolls einer Anpassung, einer Kommunikationsstörung und einer Sehnsucht haben, wie die Autorin im Vorwort schreibt.

Der Ist-Zustand einer jungen Generation steht im Fokus. Wissenschaftler, die mit an der Zukunft basteln, die Wege zu bereiten haben für ein friedvolles Wachsen im Interesse aller. Sie sollten sich, so die Hoffnung der Cristiane Florin, einen eigenen Standpunkt erarbeiten, sollen als Individualitäten gelten und nicht der Ich-Hätschelei unterliegen. (S. 55) Ja, sie mögen gleichzeitig Widerstand leisten. Aber wogegen? Wie gegen die Ängste vor einem Nuklearkrieg angehen, wie gegen die Alternativlosigkeit des Systems? (S. 43)

Die Umstände sind es, die das Denken und Handeln der Studenten in eine Richtung lenken, die alles andere als kreativ und verändernd auf die Gesellschaft wirken. So liest man im Buch mit Schrecken von dem Unwillen vieler, Neues entdecken zu wollen, von dem einzigen Interesse, die Rohstoff-Menge an Lehrmaterial in der festgelegten Zeit zu bewältigen, von der Ablehnung von Diskursen, die ja altmodisch seien, von der Anspruchslosigkeit, was Inhalte betrifft, von der Abneigung politischen Denkens, von der Geübtheit, die Anforderungen des Arbeitsmarktes zu berücksichtigen, geleitet von dem Motiv, zur Leistungsgesellschaft dazuzugehören. Was bleibt? Die Intelligenz im Gleichschritt mit einer Macht, die wiederholt die Welt in Kriege getrieben hat und nun deren „Neuvermessung“ anstrebt.

Ergänzend hierzu eine Überlegung von Samira Manthey im Augustheft der Monatszeitschrift RotFuchs: Politik sei unnütz. Man müsse sich also gar nicht informieren. Man achtet weder auf Fakten noch auf Gerechtigkeit. So werde ein Verständnis der aktuellen Weltlage nicht erreicht. „Es werden die vielfältigen Erscheinungsformen betrachtet, die man nach ihrer Meinung so oder so bewerten kann, aber die Fähigkeit, Zusammenhänge auf der Basis des Nicht-Gelogenen zu erkennen, geht schon in meiner Generation verloren.“

Dieser Druck des Marktes, sich verkaufen zu müssen, der ist es, der Blüten der Absonderlichkeiten treibt. Mehr scheinen zu wollen als zu sein, jegliche äußere Statements zu bedienen, an den Beruf mit dem Slogan „Irgendwas – mit Management tun zu haben“, das eigene Ich in den Mittelpunkt zu stellen, das Private, keine Fragen stellen zu wollen, das Bemühen um ein eigenes Urteil als lästig zu empfinden, die Überschätzung der sogenannten Selbstverwirklichung, die fast minütlich erfolgende Erkundung der eigenen Befindlichkeit, das Shoppen als das eigentlich Politische zu betrachten, die Erwartung vom Lehrkörper, er möge bitteschön eine fertige „Welterklärung“ liefern. Die Autorin zitiert auf Seite 40 eine Studentin mit Namen Jukiane Löffler mit folgenden Worten: „Die Zukunftsangst meiner Generation ist zum Motor unserer standardisierten Leistungsbereitschaft geworden“.

Die Autorin schreibt als Dozentin von „unseren Opfern“. „Sie tun brav das, was wir Dozenten (…) von ihnen erwarten und müssen sich auch noch in einem bildungsbürgerlichen Blatt für ihre Anpassungsleistung kritisieren lassen.“ Einige Zeilen weiter heißt es, man wisse „weder an der Uni noch im Rest der Gesellschaft (…) ob sich eine Haltung überhaupt lohnt“. (S. 41) Ihre Studenten könnten wie das entspannte Gesicht des Kapitalismus sein, „keine Systemdiskussion verzerrt ihre Züge“, so die Autorin. Einige Politikstudentinnen kontern: Wo solle die Kritik ansetzen, wenn man gar nicht über die entscheidenden Themen spreche, sondern nur danach befragt werde, wie die bisherigen Bundeskanzler hießen? Es sei der Eindruck entstanden, dass „Veränderungen heute fast unerreichbar geworden sind“. (S. 43) Deshalb sei es nicht verwunderlich, dass das Okaysein oberstes Lernziel geworden sei, wobei es wichtig sei, den eigenen Nutzen für sich selbst als messbar zu erkennen. (S. 22) Im Grunde genommen gehe man von einer Haltung aus, die da lautet, „heute so, morgen so“. Eine Haltung der Unverbindlichkeiten, des Lavierens zwischen angeblich verschiedenen Wahlmöglichkeiten, die einer sperrigen Vielfalt entsprechen. (S. 24) Der viel gelobhudelte Pluralismus lässt grüßen. Ich als Rezensent stimme der Samira Manthey (siehe weiter oben) auch hier zu: „Kapitalistische Ideologisierung der Eliten funktioniert durch das Säen von Zweifeln und Hoffnungslosigkeit, indem man ihnen eintrichtert, man könne alles ´so oder so´ sehen, Begriffe verlören ihre Eindeutigkeit, Möglichkeiten wären schöner als `Festschreibungen´, es gäbe keinerlei Gemeinsamkeiten zwischen Individuen und vor allem nicht die daraus resultierende Verantwortung füreinander.“

Bleibt die Frage: Wofür und warum sollen sich die Studenten danach strecken, Urteilsfähigkeit, Selbstständigkeit und Kreativität zu erlangen, wenn deren Sinn und Denken des Existenzkampfes unter ausschließlich Marktbedingungen getrimmt wird, mithalten zu können im Kampf um das große und kleine Geld? Wer von Zeitvertrag zu Zeitvertrag stolpern muss, bleibt angepasst (S. 68). Wer stellt da noch Fragen nach dem Sinn des Lebens? Nach Inhalten? Die Ursachen liegen tiefer. So schreibt Werner Seppmann in der „jungen welt“ vom 10.08.2012: „Es wird ein Menschenbild negiert, das als Gegenprinzip zur Welt der Entfremdung und Verdinglichung dienen könnte. Die theoretische Abwertung des Menschen korrespondiert mit der Weigerung, sich überhaupt noch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen und den von ihnen produzierten Entfremdungsformen jenseits symbolischer Beschwörungsrituale auseinanderzusetzen.“

Die Autorin vermisst nicht die Ideologien, sondern die Ideen, nicht die Meinungsstärke, sondern die Urteilskraft. Sie wünsche sich einen „Wissenschaftsbetrieb, der Platz lässt für Abseitiges, Originelles, Widerborstiges“. (S. 79) Ist dies nicht zu eng gedacht? Worauf läuft dann dieses Nichtanpassen hinaus? Bei unveränderten kapitalistischen Produktionsverhältnissen darauf, die Barbarei, die Machtverhältnisse, die ja von den Studenten akzeptiert und auch kritisiert werden, zu perfektionieren. Für wen und wofür solle man sich kreativ verhalten?

Der Jurist Glenn Greenwald, er gilt als einer der einflussreichsten politischen Kommentatoren in den USA, wurde in der „jungen welt“ - Beilage vom 27. August 2014 mit folgenden Worten zum Angepasstsein zitiert: Man habe (…) als mutige Journalisten zwei Möglichkeiten -, „Anpassung an die institutionelle Autorität oder radikalen Widerspruch dagegen“. Nicht das Letztere sei Zeichen einer Persönlichkeitsstörung, wie mitunter behauptet werde, sondern die Weigerung, Einspruch zu erheben sei Zeichen einer Charakterschwäche oder moralischen Versagens. Ich meine, wenn man weiß wofür und wogegen. Besser, man kehre die Sache um: Vom ICH zum WIR. Doch das ist eine inhaltliche Sache, ein grundlegendes politisches Anliegen, das ja verpönt ist. Darin kein Dilemma zu sehen macht bereits blind.

Im letzten Satz meint die Autorin, es sei ihr noch kein Student untergekommen, der Bundeskanzler nicht nur aufzählen, „sondern auch einen hervorbringen kann“. Hoppla, der politisch urteilsfähige anfangs von mir genannte Student (ihn gibt es wirklich) würde sich die Haare raufen, nur marktkonform und aalglatt durchs Leben zu lavieren? Wäre er in den Augen der Autorin der Idealstudent? (PK)

Christiane Florin: „Warum unsere Studenten so angepasst sind“, Rowohlt Taschenbuch Verlag, September 2014, 80 Seiten, ISBN: 978-3-499-61741-6, 4,99 Euro, Auch als E-Book erhältlich, ISBN: 978-3-644-51831-5

Erstveröffentlichung der Rezension in der Neuen Rheinischen Zeitung




Montag, 1. September 2014

Kriegshetzer!!


1.9.2014: Kriegshetzer!!

In den heutigen Nachrichten: Ausgerechnet am heutigen Weltfriedenstag: Der Herr Gauck, bekannt als ein Pfarrer, der nichts gegen Waffen hat, besucht Polen. Keine Entschuldigung wegen des Überfalls des deutschen Imperialismus auf Polen. Dafür ein Bild des Kriegsschiffes, das den ersten Schuß abgegeben hat. Dafür die verleumderische und aggressive Blickrichtung auf Russland. Es sei der neue Gegner. Die alten Verbrecher sind aus der Gruft des Nürnberger Prozesses entkommen. Sie leben noch, sie schießen wieder. Es ist zum Kotzen.

Harry Popow